VDP Weinbörse 2024 (von Max Kaindl)

Winzer in Bewährungsprobe - Ein Blick auf den neuen Jahrgang

Rund um die diesjährige VDP.Weinbörse gibt es viele Geschichten zu erzählen. 50 Jahre. Zu diesem Jubiläum der wichtigsten Fachmesse für deutsche Spitzenweine bot der VDP ein besonderes Rahmenprogramm. Von verschiedenen Events in der Mainzer Innenstadt bis hin zur Jubiläumsparty am Samstagabend. All das vor dem Hintergrund der verheerenden Frostnächte vor wenigen Tagen und einem stets schrumpfenden Marktumfeld. Die Umstände konnten also kaum misslicher sein. Trotz all der vielen Nebengeräusche und Sorgen im Weinberg, nahmen sich die Winzer viel Zeit, ihre Weine des gerade frisch gefüllten 2023er Jahrgangs (2022 bei rot) vorzustellen. Doch nun stellt sich die Frage: „Wie zeigt sich der neue Jahrgang?"

 Um diese Frage zu beantworten, werfen wir erst einmal einen Blick zurück auf die Witterungsbedingungen in 2023. Viele Winzer berichteten mir von einem der anspruchsvollsten Jahresverläufe der letzten Jahrzehnte. Von Trockenheit im Frühjahr bis hin zu anhaltendem Regen bei warmen Temperaturen später im Jahr sowie während der Ernte, war dieses Weinjahr ungewöhnlich. Die Weinlese war für viele Betriebe die schnellste, die sie je erlebt hatten, da Gutsweine und Lagenweine de facto gleichzeitig reif wurden. In allen Regionen mussten die Winzer intensiv selektieren, um ausschließlich gesunde, reife Trauben zu ernten. Dies gelang leider nicht jedem Weingut. 2023 erforderte viel Fleiß und Sorgfalt im Weinberg sowie am Sortiertisch. Nur wer Entschlossenheit und Anpassungsfähigkeit zeigte, wurde mit gesunden Mosten belohnt. Dadurch zeigte sich mir ein sehr heterogen geratener Jahrgang, und das, auch innerhalb einzelner Regionen. Dies gilt sowohl für trockene als auch Prädikatsweine.

Notiz am Rande: Auf der Weinbörse werden keine GGs des aktuellen Jahrgangs gezeigt. Diese präsentieren die Winzer erst kurz vor Release Ende August in Wiesbaden. Meine ersten Einschätzungen zum Jahrgang 2023 (2022 bei rot) ruhen daher auf den angestellten trockenen Guts-, Orts- sowie Prädikatsweinen. Zudem werden viele Weine erst kurz vor der Veranstaltung gefüllt, was eine faire und aussagekräftige Einschätzung erschwert. Ich möchte daher betonen, dass meine hier festgehaltenen Eindrücke Momentaufnahmen sind, die in den entsprechenden Kontext eingeordnet werden sollten.

Die besten trockenen Guts- und Ortsweine aus 2023 zeigen sich außergewöhnlich trinkfreudig mit der richtigen Balance aus Fruchtigkeit und einer belebenden Säure mit kernigem Charakter. Dabei sind die Weine oftmals harmonischer und lebendiger als in 2022 sowie mit einer merklichen Würze ausgestattet - und das beginnend bei den Gutsweinen.

Für Prädikatsweine war 2023 auf Grund der schnell eintretenden Fäulnis herausfordernd. Die Betriebe mussten großen Aufwand betreiben, um die gewünschte Botrytis bei Auslesen und höheren Prädikaten von faulen Trauben zu selektieren. BAs und TBAs wurden daher nur in absoluten Ausnahmefällen geerntet. Gelang es den Weingütern, gesundes Lesegut für Kabinette und Spätlesen zu ernten, konnte ich teils animierend frische und fein balancierte Vertreter dieser Prädikate verkosten. 

Bei den Rotweinen zeigte sich indes ein eindeutigeres Bild. Bereits die Guts- und Ortsweine lassen darauf schließen, dass 2022 ein spektakuläres Jahr werden könnte. Saftig, würzig, durchzogen von einem vibrierenden Säurekern und feinem Gerbstoff. Hier machte das Verkosten richtig Spaß! Deshalb bin ich schon sehr gespannt, wie sich die GGs im Spätsommer in Wiesbaden präsentieren werden.

 

Meine persönlichen Highlight-Kollektionen:

Trocken weiß (2023):

  • Wagner-Stempel (im CR Portfolio)
  • Battenfeld-Spanier (im CR Portfolio)
  • Kühling-Gillot (im CR Portfolio)
  • Wittmann (im CR Portfolio)
  • Rings (im CR Portfolio)
  • Bürklin-Wolf (im CR Portfolio)
  • Christmann (im CR Portfolio)
  • Rebholz (im CR Portfolio)
  • Friedrich Becker (2019-21)
  • Van Volxem
  • Clemens Busch
  • Heymann-Löwenstein (2022)
  • Diel
  • Schönleber
  • Dönnhoff
  • Luckert
  • May
  • Max Müller I (im CR Portfolio)

Frucht- und edelsüß (2023):

  • Zilliken
  • Schloss Lieser
  • Maximin Grünhaus
  • Fritz Haag
  • A.J.Adam
  • Knebel (im CR Portfolio)
  • Lauer
  • Von Othegraven

Trocken Rot (2022):

  • Huber (im CR Portfolio)
  • Rings (im CR Portfolio)
  • Fürst (im CR Portfolio)
  • Christmann (im CR Portfolio)
  • Friedrich Becker (2019)
  • Meyer-Näkel

 

Was bleibt als Erkenntnis dieser 50. VDP.Weinbörse? 

In einer Welt, die zunehmend von Massenproduktion und schnellem Konsum geprägt ist, steht bei den VDP Betrieben die Qualität stärker denn je im Fokus. Handwerkliche Traditionen und die Liebe zum Detail sind zentral, wenn es darum geht, hochwertige Weine zu präsentieren. Die Winzerinnen und Winzer setzen auf ihre langjährige Erfahrung und ihr tiefes Verständnis für die Weinherstellung, um einzigartige Weine zu schaffen. Diese zahlen sich besonders in einem derart herausfordernden Jahrgang wie 2023 aus. Durch den Fokus auf Handarbeit und Tradition wird nicht nur die Qualität der Weine sichergestellt, sondern auch die Wertschätzung für das Handwerk gesteigert. Auf der VDP Weinbörse 2024 wurde mir einmal mehr deutlich, dass wahre Meisterwerke im Weinbau nur durch Hingabe, Geduld und Respekt vor der Natur entstehen können.