Der Rüdesheimer Berg (von Max Kaindl)
Der "Rüdesheimer Berg" ist ein Weinberg, der seinesgleichen sucht. Nirgendwo sonst im Rheingau fallen die Rebzeilen so steil zum Rhein hin ab, und nirgendwo wird es im Sommer heißer als in diesen Weinbergen, die sich in der Nähe der beeindruckenden Burgruine Ehrenfels erstrecken. Die Hitze und die steilen Hänge machen den Rüdesheimer Berg zu einer Herausforderung für die Winzer, die hier Jahr für Jahr ihr Können unter Beweis stellen müssen, um das immense Potenzial der Schiefer- und Quarzitböden auszuschöpfen.
Besonders herausragend sind die Lagen "Schlossberg", "Berg Roseneck“, "Berg Rottland" und „Berg Kaisersteinfels“, dem höchst gelegenen der Rüdesheimer Grand Cru Lagen. Der Schlossberg, benannt nach der 1211 erbauten und 1689 zerstörten Zollburg Ehrenfels, ist das steilste und - zumindest für mich - beeindruckendste Stück Land im Rheingau. Johann Wolfgang von Goethe schätzte den Rüdesheimer Wein so sehr, dass er ihn neben den Weinen aus Hochheim und dem Markobrunn als einen der drei großen "Magnaten" des Rheingaus nannte. Bis heute hat die Einschätzung des wohl berühmtesten Deutschen Lyrikers und Wein Connaisseurs fast uneingeschränkt Bestand. Jedoch würde ich für die heutige Zeit dank Winzern wie Theresa Breuer, Peter Jakob Kühn und Robert Weil noch die Weine aus Rauenthal, Hallgarten und Kiedrich zu diesem Triumvirat ergänzen.
Die zum Großteil nach Süden und nur im westlichsten Teil nach Südwesten ausgerichteten Weinberge des Rüdesheimer Bergs profitieren von maximaler Sonneneinstrahlung, die durch den nahegelegenen Rhein noch verstärkt wird. Die Böden bestehen aus Taunus-Quarzit und Schiefer mit wechselnden Anteilen, die in flacheren Bereichen mit Löß und Lehm vermischt sind. Der karge Stein speichert die Sonnenwärme optimal. Die Wasserdurchlässigkeit der Böden und die gute Durchlüftung der Hänge verhindern eine schnelle Fäulnis der Trauben, und die Winzer freuen sich Jahr für Jahr über fast immer gesundes Lesegut.
Doch auch der Rüdesheimer Berg birgt seine Probleme. Der Klimawandel stellt die Winzer vor neue Herausforderungen, da steigende Temperaturen und unregelmäßige Niederschläge die Bewirtschaftung der steilen Lagen erschweren. Während in sonnenreichen Weinjahren im Rheingau eitel Freude herrscht, sorgen sich die Rüdesheimer Winzer um die Trockenheit in "ihrem" Berg. Der vorherrschende Westwind begünstigt die schnelle Verdunstung der Feuchtigkeit und macht ein ausgeklügeltes Wassermanagement notwendig. In trockenen Jahren decken einige Winzer die Rebzeilen sogar mit Stroh ab, um die Feuchtigkeit im Boden zu halten. Die Bewässerung ist jedoch keine einfache Lösung: Die Reben gewöhnen sich schnell an die zusätzliche Wassergabe und bilden weniger tiefe Wurzeln aus, was sie langfristig anfälliger für Trockenperioden macht.
Auch die Bewässerungstechnik selbst ist kostspielig und aufwendig. Ein Hektar Weinberg kann in einem trockenen Sommer bis zu 60.000 Liter Wasser benötigen. Die Installation solcher Bewässerungsanlagen kann bis zu 4.000 Euro pro Hektar kosten, und der Staat fördert diese Investitionen nur teilweise.
Und woher das Wasser dauerhaft und für alle nehmen? Die Rüdesheimer Winzer haben zwar Zugang zu Uferfiltrat und können somit Wasser aus Brunnen und dem nahegelegenen Rhein beziehen. In Zeiten, in denen die Kommunen zum Wassersparen aufrufen und das Befüllen häuslicher Swimmingpools verbieten, kann jedoch kein Trinkwasser zum Einsatz kommen. Da das Wasser aus dem Rhein in trockeneren Jahren jedoch kaum ausreicht, suchen die Winzer am Rüdesheimer Berg derzeit noch nach einer für alle Seiten praktikablen Lösung.
Ein weiteres Problem ist die Erosion. Die steilen Hänge sind besonders anfällig für Bodenabtrag, was nicht nur den Wasserhaushalt, sondern auch die Stabilität der Weinberge gefährdet. Um diesem Problem zu begegnen, setzen einige Winzer auf Querterrassierung, eine Methode, die höhere Investitionen erfordert, aber langfristig die Böden stabilisieren und die Wasserspeicherung verbessern soll.
Die Bewirtschaftung des Rüdesheimer Bergs erfordert also nicht nur handwerkliches Geschick und Leidenschaft, sondern auch innovative Lösungen und hohe Investitionen. Der Klimawandel zwingt die Winzer, ständig neue Strategien zu entwickeln, um die Qualität ihrer Weine zu sichern und diesen einzigartigen Berg für den Weinbau zu erhalten.