Wir bewirtschaften einen Weinberg (Teil 1 - Weinberg und Rebschnitt)
Viele Händler und Restaurants in unserer Branche machen in Kooperation mit Weingütern Eigeneditionen. Oft bedeutet dies jedoch nur ein Umlabeln der Flasche oder eine leicht veränderte Abfüllung. Das ist natürlich auch nicht verwerflich.
Manche gehen da, so auch wir, schon einen Schritt weiter und kaufen ganze Fässer bei Weingütern, um Exklusivität zu gewährleisten oder auch einfach mal 6 Jahre länger auf der Feinhefe liegen zu lassen - wie wir bei unserer CR Reserve von Dr. Bürklin-Wolf. Aber zufriedengestellt waren wir damit anscheinend noch nicht.
Der nächste Schritt musste jetzt sein, ganz eigenen Wein zu machen.
Naja fast - mit Unterstützung natürlich. Diese bekommen wir von unseren Freunden vom Weingut Max Müller I aus Volkach in Franken. Denn wie der Zufall so wollte, wurden Christian Müller Silvaner- und Rieslingparzellen im vom VDP als Große Lage klassifizierten Volkacher Ratsherren angeboten. Da Christian von unserem Vorhaben wusste und sich selber im Bereich Riesling nicht vergrößern wollte, bot er uns diese an. Und wie hätten wir bei 0,3 ha, bestückt mit 35-40 Jahre alte Rieslingreben, in einer der besten Lagen Frankens Nein sagen sollen!?
Am 08.01.2024 erfolgte morgens bei Kaiserwetter und sportlichen -7°C der Startschuss, als die Schönwetterwinzer Nico & Henrik mit Christian und einigen aus seinem Team anrückten, um den ersten Arbeitsschritt des Jahres, den Rebschnitt, zu erledigen.
Natürlich sind wir nicht blind in die Reben gelaufen und haben alles zerschnitten, sondern gingen erstmal durch die Reihen, begutachteten das Rebmaterial und ließen uns von Christian so einiges zu Reben, Reberziehung, Rebschnitt, Klima, Region und Boden erklären. Hier die Dinge, die wir uns merken konnten. Es war ja schließlich noch früh:
Die VDP.Große Lage Volkacher Ratsherr liegt im Nordwesten von Volkach direkt an der Mainschleife und wird im Norden von einer Hochebene abgegrenzt, über die der Wind zieht und so die Reben abkühlt. Die mit bis zu 60% Gefälle als Steillage klassifizierte Lage ist nach Süden exponiert, bekommt also über Tag eine Menge Sonne ab, wird aber durch den Main und den von Nordwesten über den Hang ziehenden Wind nachts wieder runtergekühlt.
Der Boden besteht aus teilweise verwittertem Muschelkalk mit fossilen Einschlüssen und etwas Keuper. Insgesamt ist der Boden karger als die umliegenden Lagen und führt deutlich weniger Wasser, was die Reben zwingt, tief in den Fels zu wurzeln. Auch die Niederschläge fallen gering aus, da der nahegelegene Spessart, ein Mittelgebirge im Norden Bayerns, die Wolken fern hält.
Alles in allem ideale klimatische und geologische Bedingungen für Riesling.
Jetzt dürfen wir es nur nicht versauen. Also weiter mit der Rebschule.
Die Reben werden hier klassischerweise in der Spaliererziehung erzogen. Somit besteht die Aufgabe beim Rebschnitt darin, das zweijährige Holz herauszuschneiden und 2 gesunde Ruten aus einjährigem Holz auszuwählen und stehen zu lassen, die sich im Frühjahr um die horizontal gespannten Drähte biegen lassen und aus denen dann vertikal die Triebe austreiben, an denen hoffentlich kerngesunde, lockerbeerige Trauben wachsen. Auch das Schneiden als solches muss gelernt sein. Wer dachte, dass man Zweige schräg abschneidet, liegt damit völlig falsch. Denn es gilt, die Pflanze so wenig wie möglich zu verletzen und die Schnittflächen so klein wie möglich zu halten.
Zugegeben - eine Menge Input für einen Montagmorgen bei Minusgraden und eisigem Wind im Weinberg. Aber wir sind motiviert und legten los. Natürlich nicht mit manuellen Rosenscheren, sondern elektrischen, die dafür sorgen sollten, dass wir abends noch Messer, Gabel und natürlich ein Weinglas halten konnten.
Insgesamt haben wir unsere Aufgabe wohl recht passabel erfüllt, wie bei Christian rauszuhören war. Wer gerne weitere Einblicke in unsere ersten Tage im Weinberg hätte, kann uns gerne bei Instagram folgen. Dort findet ihr einige Videos.
Im Frühjahr, sprich Ende April/Anfang Mai geht es für uns dann wieder runter.
Stay tuned.