Wir bewirtschaften einen Weinberg (Teil 2 - Frostschäden, ausbrechen und heften)
Nachdem wir im Januar das erste Mal in unserer Parzelle in der VDP.Großen Lage Volkacher Ratsherr waren, die wir mit tatkräftiger Unterstützung von Freund und Winzer Christian Müller vom VDP.Weingut Max Müller I selbst bewirtschaften, war es nun wieder soweit und wir fuhren runter nach Bayern, um die nächsten Arbeitsschritte anzugehen, von denen einige auch maßgeblich entscheidend für die Qualität des Weines sind, der hier einmal entstehen soll.
Doch lasst mich kurz nochmal etwas ausholen, bevor ich zu den Arbeiten im Weinberg komme.
Leider hat es Mitte April in vielen Weinbauregionen Europas 2 Nächte lang gefroren, was fatale Auswirkungen auf die Reben hatte, da diese aufgrund der recht hohen Temperaturen in den vorgelagerten Wochen bereits ausgetrieben hatten. Der Frost und nicht zuletzt der Hagel zerstörten große Teile der Reben und es ist bereits jetzt abzusehen, dass es aus einigen Regionen, wie bspw. dem französischen Chablis oder der deutschen Weinbauregion Saale-Unstrut in diesem Jahr nahezu keine Erträge geben wird.
Auch in Franken blieben die Reben nicht verschont und manche Winzer verloren 30-40 % ihrer Rebfläche an die Natur. Wir besuchten einen Wingert von Christian etwas nördlich vom Volkacher Ratsherr, der nahezu komplett vom Frost zerstört wurde. Zugegeben, das zog unsere Laune ganz schön runter. Aber so läuft das Spiel und diese Umstände lassen einem schnell wieder bewusst werden, wie abhängig wir von den Launen der Natur sind. Vor allem, wenn wir im Einklang mit dieser arbeiten wollen.
Die gute Nachricht: In den oberen Teilen des Ratsherr hat es zwar auch gefroren, jedoch blieben die meisten Reben verschont und wir mussten nur wenige Frost- und Hagelschäden in unserer Parzelle beseitigen. Wir sind also wirklich mit einem blauen Auge davongekommen.
Somit bestand unser erster Arbeitsschritt darin, durch die Reben zu gehen – wobei man in einer Lage mit zerklüfteter Gesteinsauflage und 60 % Gefälle im Nieselregen wohl beinahe von klettern sprechen müsste – und alle erfrorenen Triebe auszubrechen, da die Rebe sonst viel Energie aufwenden würde, um eben diese Triebe zu versorgen, aus denen allenfalls minderwertiges Traubenmaterial entstehen würde. Das wiederrum würde auch die Qalität der intakten Trauben mindern. Da wir uns von vorne herein bewusst zu Gunsten der Qualität, auf Kosten der Quantität, entschieden hatten, stellte sich die Frage gar nicht, ob man eventuell warten sollte um zu sehen, ob manche der beschädigten Triebe nicht doch noch Ertrag bringen würden. So kann die Rebe alle Energie in die verbliebenen Triebe und Trauben stecken und so weiter hochwertiges Lesegut wachsen und gedeihen lassen.
Parallel dazu schauten wir uns jede Rebe genau an, befreiten diese von zu nah aneinander stehenden Trieben und Blättern, die die Luftzirkulation und so Feuchtigkeit innerhalb der und zwischen den Trauben stören würden und ließen nur die bestgewachsenen Triebe stehen, die danach angeheftet wurden, was in Winzerdeutsch das Anheben der jungen, empfindlichen Triebe und das Aufbinden zwischen gespannten Drähten der selbigen bedeutet, um diese gegen Wind zu schützen und die Wuchsrichtung nach oben zu lenken. Denn Wein wächst immer in Richtung Himmel, was bei einem runterhängenden Trieb bedeuten würde, dass er an der höchsten Stelle neu austreiben würde, wenn diese höher hängt als die Triebspitze.
Glücklicherweise waren diese Arbeitsschritte aufgrund der geringen Frostschäden in unseren rund 880 Rebstöcken im Laufe eines Vormittags getan und wir konnten uns nach dem obligatorischen Leberkäs-Brötchen bei bestem Wetter am Nachmittag einem wichtigen Teil unserer Rebpatenschaft widmen: dem Anbringen der Schilder mit den Namen der Rebpaten und natürlich auch dem Aufnehmen von Content. Wir leben nunmal in einer digitalen Welt.
Umso mehr genießen wir es, dann und wann aus der Stadt und dem Büro rauszukommen und die Schönheit der Natur auf diese Weise zu bewundern.
Bis zum nächsten Mal.