Wie die klassische Subskription als Marketingtool missbraucht wird – Historie & Krisen

Wie die klassische Subskription als Marketingtool missbraucht wird – Historie & Krisen

Historie & Krisen

Für die Antwort auf die Überschrift machen wir einen Ausflug in die Geschichte und versuchen das Konzept der Subskription und seinen Hintergrund zu verstehen.

Der Ursprung liegt im Bordeaux, einem großen Weinanbaugebiet in Frankreich, das auf dem 45. Breitengrad genau zwischen dem Äquator und dem Nordpol liegt. Das Weinanbaugebiet und seine Chateaus haben in den letzten Jahrhunderten vieles richtig gemacht und die Weine waren lange Zeit international sehr gefragt und wurden viel gehandelt. Im 18. Und 19. Jahrhundert erlebte das gesamte Gebiet „goldene Zeiten“.

Das System der Subskription wurde vor über 200 Jahren von den Engländern erfunden und war lediglich für Weinhändler zugänglich. Das System ermöglicht es Weingütern, ihre Weine durch Allokation zu verkaufen, wenn diese noch im Fass lagen. In der Regel kommen die Weine zwei Jahre später zu den Händlern und dann zu den Endkunden. Die Händler wurden schon damals im Vorfeld nach Bordeaux eingeladen, um die einzelnen Weine zu verkosten und sich eine Meinung zu bilden. Ein preislicher Vorteil wurde auch vereinbart. So wechselte das Geld wesentlich früher den Besitzer als die Ware, dafür aber zu einem attraktiveren Preis als bei der Veröffentlichung der Flasche einige Jahre später. Der Ort, an dem gehandelt wird und wurde, heißt Place de Bordeaux. Auf dem Place de Bordeaux handeln einige Hundert Händler mit den Gewächsen der Chateaus, die sie von sogenannten Courtiers zugeteilt bekommen.

Bordeaux durchlief in der Vergangenheit einige Krisen. Die „Reblaus-Katastrophe“ und eine schwere wirtschaftliche Krise 1970 veränderten die Region. Zweit- und Drittweine etablierten sich und oft wechselten viele Chateaus auch ihre Besitzer. Was blieb, war die Subskription, die ab 1980 auch für Privatkunden geöffnet wurde. Auch aktuell steckt die 110.000 Hektar große Region wieder in einer großen Krise. Eine Million Hektoliter „Überproduktion“ im Jahr 2023 werden kommuniziert. Wütende Landwirte möchten staatliche Subventionen für nicht-verkauften Wein und haben teilweise auch Erfolg, denn tatsächlich fördern die EU und die französische Regierung ein Destillationsprogramm. So werden Wein-Überschüsse mit horrenden Fördergeldern der Steuerzahler zum Destillat! Eigentlich haben wir hier aber schon einige Krisen übersprungen, denn die wohl größte Herausforderung ist, dass sich das Trink- und Konsumverhalten der Menschen auf der Welt verändert hat. Viele sind nicht mehr bereit, die extrem hohen Preise für die Gewächse zu bezahlen. Subskription hin oder her – die großen internationalen Chateaus haben mit dem 2023-er Jahrgang enorme Preissenkungen veröffentlicht: 25-35% gegenüber dem Vorjahr für den wohl deutlich besseren Jahrgang. Das ist verrückt.

Der Missbrauch

Das System der Subskription haben wir sicherlich verstanden und, dass ein Markt immer durch Höhen und Tiefen geht, bezieht sich ja nicht nur auf die Region Bordeaux. Kommen wir zurück nach Deutschland. Seit einigen Jahren werden hier - von großen Händlern – Subskriptionen für Große Gewächse angeboten. An sich ist das nicht verkehrt, wenn ein System gut funktioniert, kann man es ja kopieren. Allerdings wird der Begriff missbraucht und die Handhabung ist eine andere, denn es gibt überhaupt keinen preislichen Vorteil. Man kauft den Wein zum selben Preis wie zur Veröffentlichung im September. Die Begründung der Marketing-Abteilung lautet dann, dass die Weine nach Release nicht mehr auffindbar sind. Höchst interessant, da alle größeren und etablierteren Weingüter, bei denen die Subskription von den Händlern gemacht wird, ja viele Anlaufstellen für ihren Wein haben. Viele Händler mischen mit und die Weingüter haben auch zu 99% einen eigenen Onlineshop. Jetzt wird es ziemlich undurchsichtig: Wieso wird das dann als Subskription verkauft? Ganz einfach: Die Weinhändler, die dieses Tool nutzen, haben sich  in den letzten Jahren meist von ihrem Handwerk entfernt, denn auch richtiges Handeln ist ein Handwerk.Oft wurde das Portfolio über Jahre künstlich aufgeblasen und parallel sind die Weingüter auch gewachsen und bieten mehr Menge an. Der Druck steigt auf allen Seiten, doch die generelle Nachfrage sinkt. Wo früher 24 Flaschen gekauft wurden, waren es irgendwann nur 12, dann 6 und jetzt vielleicht 2,3. Nebenbei entstehen Aktionen wie 5+1 und 10+2. Die „Großen“ sichern sich bei der Fake-Subskription natürlich ab und kaufen den Wein beim Weingut sowieso nicht direkt, sondern reservieren sich ein „Kontingent“. Wie sich die Abrufe bei den Weingütern in den nächsten Jahren entwickeln, wird sich zeigen. Wir denken, sie werden zurückgehen. Vermutlich laufen aber gewisse Endverbraucher Strukturen ab Weingut auch wieder besser.

In jedem Fall ist die verwendete Nutzung des Begriffs „Subskription“ Unsinn. Es ist ein Pre-Sale, mit dem man dafür sorgen möchte, dass möglichst viel Wein verkauft wird, bevor man ihn selbst gekauft hat. Das Handwerk geht verloren. Weingüter werden das wohl sicherlich so lange mitmachen, wie die Abnahmemenge stimmt.

Wenn diese aber nachlässt, bröckelt das System.